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Pendeln – das schleichende Gift!

11. April 2018

Je länger der Weg zur Arbeit desto größer das Risiko für Erkrankungen. Pendler unterliegen dadurch hohen Belastungen, ihnen fehlt häufig die Zeit zum Regenerieren und sie sind zunehmend genervter. Welcher Faktor sich dabei besonders negativ auf die Pendler auswirkt, in welchen deutschen Städten das Phänomen besonders ausgeprägt ist und wie Sie damit besser umgehen, lesen Sie im weiteren Verlauf der Blog-Serie „Pendeln in Deutschland“

Wer lange unterwegs ist, muss später mit gesundheitlichen Folgen rechnen. Überfüllte Bahnen sowie Staukolonnen verursachen vor allem gesundheitliche Schäden.

Dazu gehören Bluthochdruck, Rückenschmerzen und Schlafstörungen. Einige Studien gehen sogar davon aus, dass das Scheidungsrisiko oder die Fettleibigkeit deutlich erhöht werden kann.

„Arbeitsweg von 15 Minuten ist noch kein Problem, aber…“

Der Psychologe Christian Fichter erklärt, dass beim langen Warten im Stau die Zufriedenheit Pendler abnimmt. Der Ökonom Frey fügt noch hinzu: „Ein Arbeitsweg von 15 Minuten ist noch kein Problem, aber die Reisedauer von einer Stunde pro Weg und mehr kann zur Belastung werden.“

Verlust von Kontrolle löst besonderen Druck aus!

Das Pendeln alleine wäre noch gar nicht so schlimm. Als der britische Stressforscher David Lewis in seiner fünfjährigen Studie 125 Probanden, die täglich zur Arbeit pendeln mussten betreute und untersuchte, stellte er fest, dass in bestimmten Situationen der Stresspegel der Teilnehmer Werte wie bei Fallschirmspringern oder Kampfpiloten im Einsatz erreichte. Dafür genügten schon kleine Zeitverzögerungen.  Besonders wenn es am Bahnsteig keine Durchsagen bezüglich der Verspätungen gab, schlich sich bei den Betroffenen ein Ohnmachtsgefühl ein. Die Folge: Frust, Wut und innere Unruhe. Der Effekt wird noch verstärkt, weil es kein Ventil für diesen Stress gibt.

Was den Frust und den starken negativen emotionalen Umgang mit dem Pendeln verstärkt ist, dass das Fahren ja auch in der Freizeit stattfindet. Während die Freunde schon beim Feierabendbier sitzen, sitzt der Pendler gerade im Stau. Oder noch schlimmer: Verpasst gerade zum zweiten Mal den Kindergeburtstag. Das Gefühl, was man alles verpasst oder verpassen könnte, während man am Bahnhof steht und auf den verspäteten Zug wartet oder im Stau steht, ist für Pendler besonders schlimm. Es zermürbt diese innerlich.

Was macht dauerhafter Stress mit Dir – das sagen die Eperten!

Die Bahn verspätet sich, der Fernbus steht im Stau, die Mitfahrgelegenheit taucht gar nicht erst auf: „In Situationen, in denen wir unter Stress stehen, werden in unserem Körper die Hormone Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol ausgeschüttet. Das führt zu Anspannung und Bluthochdruck„, erklärt Manfred Haseloff, Arzt für Innere Medizin aus Lüneburg. Auf Dauer steigt so das Risiko für Herz- und Gefäßkrankheiten.

Aber auch, wenn man sich bewusst dafür entscheidet zu pendeln, können die langen Autofahrten zur Arbeit körperliche Folgen haben. „Nacken-, Schulter- und Rückenschmerzen, Müdigkeit, Gelenk- und Gliederschmerzen und Kopfschmerzen sind häufige Beschwerden“, sagt Arzt Steffen Häfner, der sich mit Verkehrsmedizin beschäftigt. Zu den Schmerzen kommt häufig noch Schlafmangel. Besonders Frauen geben als Folge von zu vielem Pendeln auch geringere Arbeitszufriedenheit und familiäre Probleme an.

Bewegungsmangel und ungesunde Ernährung begünstigen dieses Risiko noch – und gerade Pendler kaufen sich am Bahnhof oft schnell noch eine Pizza oder ein Brötchen, das sie schnell schnell essen, bevor sie in die Bahn steigen. Haseloff warnt vor den Langzeitfolgen: „Wenn man regelmäßig zu viel Fett, Zucker und Salz zu sich nimmt, dann steigt das Risiko, frühzeitig an Arteriosklerose zu erkranken.“ Bei dieser Krankheit verengen sich unsere Blutgefäße und die Arterien verkalken, im schlimmsten Fall führt das zum Schlaganfall oder einem Herzinfarkt. (Wobei natürlich ein paar Stunden im Stau einen Menschen noch lang nicht herzkrank machen.)

Sind Pendler anfälliger für Grippe?

Der Sitznachbar hustet, ein Kind niest – in Bus und Bahn sind wir ständig Bakterien und Viren ausgesetzt. „Pendeln macht auch anfälliger für Erkältungskrankheiten“, sagt Haseloff. „Wenn man dicht gedrängt in der U-Bahn steht, dann kriegt man schon was ab.“ Wissenschaftler der Universität Nottingham fanden heraus, dass Pendler im öffentlichen Nahverkehr ein sechsmal höheres Ansteckungsrisiko für Atemwegsinfektionen haben.

Welche deutschen Städte sind am meisten betroffen?

Platz 10
Fürth

65,6 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten wohnen nicht in Fürth

Platz 9
Neuss

66,2 %aller Beschäftigten in Neuss wohnen nicht da

Platz 8
Moers

66,3 % aller Beschäftigen pendeln nach Moers

Platz 7
Koblenz

66,5 % aller Beschäftigten pendeln nach Koblenz

Platz 6
Ulm

67 % der Erwerbstätigen kommen für ihre Arbeit nach Ulm

Platz 5
Offenbach

68,8 % kommen für Ihre Arbeit nach Offenbach

Platz 5
Darmstadt

Darmstadt teilt sich mit Offenbach mit 68,8 % Platz 5

Platz 3
Erlangen

68,9 % der Beschäftigten pendeln nach Erlangen. Besonders zu Siemens

Platz 2
Ludwigshafen

69 % verlassen nach erledigter Arbeit wieder die Stadt - BASF ist der größte Arbeitgeber in Ludwigshafen

Platz 1
Heidelberg

mit 69 % teilt sich Heidelberg mit Ludwigshafen Platz 1

Wie sich das Pendeln auf die Beziehung und das Verhalten auswirkt und welche Tipps wir für Pendler haben, erfahren Sie im dritten Teil der Serie

Thomas Heidenreich

Vorstandsvorsitzender

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