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Serie | Ressourcen effektiv nutzen

Wie Sie Ihre Ressourcen effektiv nutzen!

14. März 2018

Ein leergefegter Arbeitsmarkt, Fachkräftemangel, Unternehmen, die händeringend nach Personal suchen. Gleichzeitig werden die vorhandenen Ressourcen häufig nicht effektiv genutzt. Demotivierte Mitarbeiter einerseits, überlastete andererseits. Wie Sie Ihre Ressourcen zukünftig besser nutzen, warum 1+1 nicht für jeden 2 ist und wie Sie das Potenzial Ihrer Mitarbeiter besser ausschöpfen können, erfahren Sie im dreiteiligen Blog-Beitrag über Wahrnehmung und Ressourcen.

„Mein größter Wunsch“ von Antenne Bayern

Seit einigen Wochen kann man Antenne Bayern seinen größten Wunsch mitteilen und mit ein bisschen Glück, wird dieser erfüllt. Am 14.11.2017 wurde das Anliegen von Sonja W. aus Bruckmühl in Oberbayern ausgelost. Sie wünschte sich eine Paartherapie für sich und ihren Ehemann, da sie dieser ein Jahr lang betrogen hatte. Seitdem erreichten Antenne Bayern zu diesem Wunsch zig Nachrichten und Reaktionen von Menschen aus ganz Bayern. Sowohl telefonisch über das Radio als auch auf der facebook-Seite haben mehrere tausend Menschen darauf reagiert.

„Gestopfte Strümpfe gehen immer wieder an der gleichen Stelle kaputt. Wer einmal fremdgeht, tut es immer wieder.“
„Das Vertrauen ist doch völlig kaputt. Niemals wird das wieder harmonisch, kaum kommt er mal eine Stunde später nach Hause, ist doch schon wieder Misstrauen da. Ich wurde selbst betrogen…“

 

Warum ein Reiz nie neutral ist

Der Anruf von Sonja W. bei Antenne Bayern hat eine Information gebracht: Ihre Ehe mit ihrem Mann läuft nicht gut, er hat sie ein Jahr lang betrogen. Sie möchte eine Paartherapie mit ihm, um die Ehe zu retten. Diesen Wunsch und das Gespräch, das ich während der Autofahrt im Radio mitverfolgt habe, habe ich lediglich als Information wahrgenommen. Die zahlreichen und heftigen Reaktionen von Zuhörern haben dabei deutlich gemacht, wie Wahrnehmung funktioniert und warum diese so unterschiedlich ist.

Hierbei beginnt alles mit einem Reiz, den wir, im Fall von Sonja W. akustisch über das Radio, aufgenommen haben. Es hätte auch visuell sein können, wenn wir es gelesen hätten, oder aber wir nehmen Reize über unsere Nase, Haut oder unseren Tastsinn auf. Wie stark die Aufnahme von Reizen über verschiedene Sinnesorgane bei Menschen abläuft, unterscheidet sich schon dahingehend, welcher Typ Sie sind. Sind Sie eher der akustische Typ, reagieren Sie auf sprechende Reize vielleicht mehr als auf visuelle. Die unterschiedliche Wahrnehmung setzt allerdings vor allem nach der Aufnahme des Reizes ein.

Sobald wir einen Reiz aufnehmen, vergleichen wir diesen, völlig unterbewusst und in Bruchteilen von Sekunden, mit Erfahrungen, die wir abgespeichert haben. Das können persönliche Erfahrungen sein, die wir selbst gemacht haben. Im Falle von Sonja W. gab es die meisten Kommentare, die mit dem Satz „Ich wurde selbst auch mal betrogen“ garniert waren. Jedoch müssen es nicht einmal eigene Erfahrungen sein, die wir abgespeichert haben und mit denen wir den Reiz vergleichen. Vielmehr reichen hier schon Erfahrungen aus, die ein Bekannter gemacht und uns erzählt hat, oder die wir aus Fernsehen, Internet oder Zeitung gesehen, gehört oder erzählt bekommen haben.

„Man muss sich doch nur mal die Statistiken anschauen, bei wie vielen Paaren es nach einem Ehebruch nicht mehr klappt. Daher Sonja, lass es lieber bleiben.“

Wahrnehmung = Reiz [Erfahrungen + Emotionen + Erwartungen]^Werte

Eine große Rolle bei der Wahrnehmung spielen also unsere Erfahrungen, die wir gemacht haben. Denn an diese Erfahrungen sind Emotionen geknüpft. Das können sehr positive, aber auch sehr negative sein. Diese wiederum haben Einfluss auf unsere Erwartungen zu dem Reiz bzw. der Situation. Zu guter Letzt spielt auch noch unser inneres Werte-System eine zentrale Rolle. All diese Elemente prägen die Wahrnehmung des eigentlich neutralen Reizes. Wir fangen an, das Neutrale zu BEWERTEN! Und diese Bewertung kann von Mensch zu Mensch im Hinblick auf dieselbe Situation völlig unterschiedlich ausfallen.

Im Beispiel von Sonja W. wird die differenzierte Bewertung überdeutlich. Menschen, die selbst einmal betrogen worden sind, vertreten ganz stark die Auffassung, dass die Paartherapie für Sonja nichts mehr bringt. Die eigenen negativen Erfahrungen, die Emotionen des Betrugs, kommen wieder zum Vorschein und prägen die Erwartungen. Daher sind die „Ratschläge“ dieser Personen voreingenommen. Sie sind geprägt von der Einstellung „bei mir hat es auch nicht geklappt, dann klappt es bei ihr auch nicht“.

Umgekehrt haben sich auch Frauen zu Wort gemeldet, die ähnliches wie Sonja W. erlebt und es geschafft haben. Hier wird Verständnis aufgebracht und ihr geraten, es noch einmal zu versuchen.

Wahrnehmungsfehler und unterschiedliche Wahrnehmungen

Unsere Ergebnisse oder unser Zusammenwirken leiden durch Wahrnehmungsfehler, aber auch durch unterschiedliche Wahrnehmungen zwischen Menschen.

Wahrnehmungsfehler kennen wir zum Beispiel aus dem Straßenverkehr. Wir haben einen zu geringen Abstand zum Vordermann schlichtweg falsch wahrgenommen oder die schwierigen Straßenverhältnisse. Auch im Profisport beeinflussen Wahrnehmungsfehler den Spielausgang. „Ich habe den Wurf genommen, weil ich dachte, ich bin ganz frei und unbedrängt“, erklären z. B. Spieler in voller Überzeugung. Dabei waren sie gut gedeckt und haben durch eine falsche Wahrnehmung eine schlechte Entscheidung getroffen.

Unterschiedliche Wahrnehmungen kosten Unternehmen viel Geld

Schlechte Stimmung, Konflikte im Team, negative Grundausrichtung oder Demotivation beginnen meistens mit Wahrnehmungsfehlern oder Dissonanzen in der Wahrnehmung zwischen Mitarbeitern. Demotivation bewirkt zudem, dass bewusst versucht wird, die Wahrnehmung auszuschalten. Erst vor wenigen Tagen hatten wir bei einem Unternehmen den Auftrag, zwischen der Produktionsleitung und der Vertriebsleitung zu moderieren, da es seit geraumer Zeit kein gutes Miteinander mehr gibt und dem Unternehmen damit ein erheblicher Schaden entsteht.
„Ich habe irgendwann einfach Mauern für mich aufgebaut, schaue einfach weg und lasse es nicht mehr an mich heran. Es ist mir dann egal, ob der Auftrag heute noch fertig wird“, sagte uns der Produktionsleiter. Er hat seine Wahrnehmung auf 0 gestellt. Damit ist Wirksamkeit für das Unternehmen nicht mehr möglich.

Dissonanzen zwischen Mitarbeitern oder im Team könnten häufig vermieden werden, wenn man über die Aufgaben, über das Miteinander, über die Rollen usw. klarer miteinander kommunizieren würde. Denn es ist nicht selbstverständlich, dass jeder alles so wahrnimmt und bewertet wie man selbst. „Wenn ich lauter werde, dann wirkt das auf die Mitarbeiter leistungsfördernd“, berichtete uns der Vorstand einer unserer großen Kunden. „Und damit hat keiner ein Problem, sonst würden die mir das schon sagen.“

Dabei haben deshalb mittlerweile mehrere Mitarbeiter gekündigt. Sie haben es doch nicht als leistungsfördernd wahrgenommen, sondern als verletzend.

Wir können in Menschen nicht hineinschauen. Das macht es mit der Wahrnehmung und Beurteilung so schwierig. Robert Enke war Bundesliga-Torwart bei Hannover 96 und Deutscher Nationalspieler. Er hat dabei sicher gutes Geld verdient, war angesehen, hatte eine gebildete und hübsche Frau und ein, so schien es, perfektes Leben. Das war die Wahrnehmung von außen auf den Menschen Robert Enke. Am 10.11.2009 hatte er Selbstmord begangen.

Warum Extreme im Gedächtnis bleiben, wie sich aus Wahrnehmungen Routinen entwickeln und warum wir durch Wahrnehmungskonflikte Ressourcen verlieren, erfahren Sie im nächsten Teilartikel…

Thomas Heidenreich

Vorstandsvorsitzender

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