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Serie | Lernen verschieben

Lernen verschieben? Was Sie Ihrer Organisation und den Mitarbeitern damit antun!

18. Februar 2021

Wenn man die Nachrichten einschaltet, hat man das Gefühl, es gibt derzeit nur ein einziges Thema auf der Welt: Corona. Auch wenn viele das kritisch finden, handeln dennoch viele Unternehmen derzeit genauso. Corona bestimmt den operativen Alltag, das Lernen und die Weiterentwicklung der Mitarbeiter und Führungskräfte wird verschoben.

Willkommen im Verwaltungsmodus

Mit ca. 400 Unternehmen haben wir in den letzten sechs Monaten gesprochen, vom kleinen Mittelständler mit 25 Mitarbeitern bis zum Global Player mit 12.000 Mitarbeitern. Wir wollten erfahren, was die Unternehmen bewegt, wie ihre Strategie im Umgang mit der Krise aussieht und wie sie den Wandel der Arbeitswelt, den wir derzeit hautnah erleben, gestalten bzw. damit umgehen wollen.

Das Ergebnis hat uns tatsächlich überrascht. Viele Unternehmen befinden sich gefühlt noch immer im Schockzustand, im Verwaltungsmodus. Die Hauptbeschäftigung in vielen Personalabteilungen in diesem Land besteht aus dem Verwalten von Corona. Sicher verstehen wir und bekommen es ja hautnah mit, welcher Aufwand betrieben werden muss, mit Corona in der Arbeitswelt umzugehen: Hygienekonzepte, Kontaktverfolgung, Umsetzung neuer Arbeitsschutzverordnungen, Beantragung von Kurzarbeit, und noch vieles mehr.

Aber reicht das aus, um gut aus dieser Situation herauszukommen? Die Erfahrung zeigt ganz klar: nein. Es gibt auch eine Zeit nach Corona. Die guten Unternehmen nutzen die Krise, um noch stärker daraus hervorzugehen.

 

Bereits vor Corona hat die Veränderung der Arbeitswelt begonnen, bereits seit längerer Zeit ist von „New Work“ die Rede. Der Anteil der Generation Y am Arbeitsmarkt betrug 2018 bereits 33 %, die Generation Z (1997 und später geboren) macht mittlerweile fast 10 % aus. Die Erwartungen an die Arbeitswelt, an Kommunikation, Arbeitsformen, Flexibilität, Führung und Unternehmenskultur haben sich durch die unterschiedlichen Werte und Lebenseinstellungen einfach verändert. Diese Generationen prägen jedoch nicht nur immer mehr den Arbeitsmarkt, sondern auch den Konsumenten- und Käufermarkt. Entsprechende Anpassungen und Gestaltung wären für Unternehmen daher ohnehin angezeigt.

Lernen kann warten – mit fatalen Folgen

„Wir warten jetzt erstmal ab, wie sich das mit Corona weiterentwickelt, wir haben noch keine Pläne, Vorstellungen, Konzepte oder Strategien hinsichtlich unserer Führungskräfte- und Personalentwicklung.“ „Aktuell machen wir uns noch gar keine Gedanken, wir dürfen, aufgrund Corona, ja ohnehin nicht präsent trainieren.“

„Geht gerade nicht“ ist ein häufiger Ausspruch. Was geht aber denn dann? Oder wann geht es denn dann? Wann ist Corona denn vorbei? Und was ist überhaupt vorbei? Wird dann alles automatisch wieder wie vorher? Oder haben wir nur Zeit verloren, uns auf eine Veränderung vorzubereiten bzw. sich auf sie einzustellen und uns anzupassen, die unaufhaltsam ist? Werden Unternehmen tatsächlich sich mit Lernen und Bildung beschäftigen, wenn die Produktion wieder hochläuft? Oder werden sie dann erst recht keine oder wieder keine Zeit mehr haben?

Dabei ist der Bedarf zur Weiterentwicklung und zum Lernen erheblich. Während in der Vergangenheit die Führungsqualität vor allem an den fachlichen Kompetenzen gemessen wurde, kommt es in der Arbeitswelt 4.0 auf noch ganz andere Qualitäten an. Erfahrungen, die vorhanden sind, stammen aus einer früheren Zeit, deren Instrumente und Werkzeuge heute kaum mehr wirken. Bei vielen Firmen ist der „Kununu-Score“ im Jahr 2020 gesunken. Die Rufe der Kritik von Mitarbeitern an Führung und Zusammenarbeit, an Kultur und Umgangsbedingungen werden lauter. Wir beobachten regelmäßig den Gesamt- und Führungsscore von den nahezu 400 Unternehmen, mit denen wir im Austausch sind. Dabei ist zu beobachten, dass der durchschnittliche Kununu-Score vor allem bei den Firmen, die „Lernen auf die Wiedervorlageliste verschieben“ in den letzten sechs Monaten um 1,1 Punkte gesunken ist.

Das Erstaunliche ist in unserer Beobachtung, dass das, was viele im politischen Umgang mit Corona kritisieren, nämlich der Bevölkerung Perspektiven zu bieten, Mut und Zuversicht zuzusprechen, im Unternehmenskontext ebenfalls unterlassen wird.

Dabei gibt es keinen besseren Zeitpunkt die neue Zukunft der Arbeit zu gestalten als jetzt. Die (Arbeits-) Welt wird „nach“ Corona eine andere sein. Die Art, wie wir zusammenarbeiten werden, wird sich verändern. Unternehmen, die in „alte Strukturen“ zurückkehren wollen, und davon gibt es nicht wenige (siehe Bericht: Manager Magazin) werden auf veränderte Erwartungen von Mitarbeitern und Bewerbern treffen.

Es gibt sie auch, die Unternehmen, die diese Zeit sinnvoll nutzen. Um sich neu auszurichten, Handlungsstrategien entwerfen, verstanden haben, dass sie ihre Führungskräfte und Mitarbeiter unterstützen müssen, sich an den Veränderungen anzupassen. Diese Firmen haben sowohl ihren Bedarf erkannt als auch verstanden, welche Relevanz die Entwicklung und das Lernen für ihre Organisation haben. Sie nehmen ihr Glück selbst in die Hand und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, den Wandel aktiv und erfolgreich zu gestalten. Man spürt bei diesen Firmen eine andere, viel positivere Energie. Es herrscht dort viel mehr Zuversicht und Mut, auch in derartigen Phasen. Und sie werden die Gewinner sein, sind jetzt schon die Gewinner. Zum einen ist das Vertrauen und Zutrauen der Mitarbeiter in die Organisation deutlich höher und zum anderen werden sie Wege finden, kreativ zu sein, innovativ zu sein und sich anzupassen. Ihre Attraktivität wird auch am Arbeitsmarkt steigen und die Anziehungskraft für gute Mitarbeiter wird wie ein Magnet wirken.

Thomas Heidenreich

Vorstandsvorsitzender

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